Vertretungsfälle – abrechnungstechnisch betrachtet

Vertretungsfälle haben verschiedene Erscheinungsformen. Eines ist jedoch allen Konstellationen gemeinsam. Denn immer wieder stellt sich die Frage, welche Leistungen durch den Vertreter erbracht werden dürfen und wie dafür abgerechnet werden kann.

Folgende Vertretungsfälle treten typischerweise auf:

Die sog. „kollegiale Vertretung“

Als kollegiale Vertretung wird meist der Fall bezeichnet, dass sich Praxen bei Urlaubs- oder Krankheitszeiten untereinander absprechen, wer die Vertretung des abwesenden Kollegen übernimmt. Die Vertretung findet dann nicht in der Praxis des abwesenden Arztes statt. Vielmehr suchen dessen Patienten den „Vertreter“ in dessen eigener Praxis auf.

Der vertretende (also anwesende) Arzt rechnet dann für seine Leistungen ganz normal unter seiner eigenen LANR ab. Besonderheiten sind in diesem Zusammenhang nicht zu beachten. Rein abrechnungstechnisch sind die „fremden“ Patienten also wie eigene zu behandeln. Auch das Leistungsspektrum entspricht dem, was der vertretende Arzt in seiner Praxis üblicherweise erbringen kann und darf.

Die Vertretung innerhalb einer BAG durch den Mitgesellschafter

Auch dies ist kein Fall der „echten“ Vertretung. Innerhalb einer BAG (Berufsausübungsgemeinschaft oder auch immer noch klassisch Gemeinschaftspraxis genannt) können sich die Mitgesellschafter ohne weiteres gegenseitig vertreten. Sie rechnen über ihre eigene LANR ab und haben lediglich den eigenen Versorgungsauftrag zu beachten. Auch in dieser Konstellation kann der vertretende Arzt also nur solche Leistungen erbringen und abrechnen, die ihm selbst gestattet sind.

Die Vertretung innerhalb einer BAG durch einen angestellten Arzt

Dieser Fall unterscheidet sich nicht von dem zuvor dargestellten, wenn die Vertretung durch einen freiberuflich niedergelassenen Mitgesellschafter erfolgt.

Vertritt ein angestellter Arzt den abwesenden Praxisinhaber, so kann er nur die Leistungen erbringen und abrechnen, die ihm persönlich genehmigt wurden. Auch der angestellte Arzt rechnet dann über seine eigene LANR ab.

Die Vertretung durch einen Arzt ohne eigene Niederlassung

Wird der abwesende Praxisinhaber durch einen nicht niedergelassenen Kollegen (z.B. einen Krankenhausarzt oder freiberuflich tätigen Vertreter) vertreten, so ersetzt in diesem Fall der Vertreter den abwesenden Arzt. Er tritt quasi an dessen Stelle. Dies stellt einen Fall der „echten Vertretung“ dar, bei der dann beispielsweise auch die Anzeige- und Meldepflichten zu beachten sind.

Deshalb kann der Vertreter in diesem Fall auch nur unter der LANR des vertretenen Arztes abrechnen.

Die Vertretung durch einen Arzt mit eigener Niederlassung

Vertritt ein selbst niedergelassener Arzt den abwesenden Praxisinhaber nicht nur einfach kollegial (siehe dazu den ersten Fall oben), sondern begibt sich für die Vertretungszeit in die Praxis des abwesenden Arztes, dann tritt er in dieser Konstellation an die Stelle des vertretenen Arztes. Auch das ist dann also ein Fall der „echten Vertretung“. Der Vertreter rechnet also unter der LANR des abwesenden Arztes (und nicht unter seiner eigenen) ab.

Daher ist er auch nicht auf sein eigenes Leistungsspektrum beschränkt, sondern kann auch solche Leistungen erbringen, die der abwesende Arzt erbringen und abrechnen dürfte. Der externe Vertreter muss dann zwar nicht über die besonderen Abrechnungsgenehmigungen verfügen.

Entsprechende Kenntnisse (auch ohne formalen Qualifikationsnachweis) sind aber dennoch unerlässlich.

Mirja K. Trautmann
Rechtsanwältin & Fachanwältin für Medizinrecht

Fachbeitrag, erschienen im PädNetzS-Magazin Ausgabe 01-2018 | www.paednetzs.de